Depeschen
Unsere Mitglieder bekamen in den letzten Jahren Vereinsdepeschen zugesandt. In diesen Depeschen berichten wir über Aktivitäten von Lancelot e.V. Über unsere informative Internetseite jedoch können wir einen besseren und aktuelleren Einblick in das Tierschutzgeschehen geben.
Hier ein paar Auszüge aus den letzten Jahren (Artikel bitte anklicken):
Einige Fakten und Zahlen über unsere Vermittlungsarbeit
Immer wieder werde ich gefragt, wie sich denn so eine Rettungs-und Vermittlungsarbeit gestaltet und ob es denn sehr zeitaufwendig sei, bis für ein Tier ein neues Zuhause gefunden ist. Ich habe diesbezüglich die letzten Jahre Revue passieren lassen. Dabei ist mir aufgefallen, dass man eines für die Pferdevermittlung braucht: Viel Geduld und viel Zeit.
Ein Inserat bringt im Schnitt 20 bis 30 Anrufe und pro Pferd bedarf es im Schnitt ca. 35 Anrufe bis ein Platz nach den Richtlinien des Schutzvertrages gefunden wird. Ein Teil der Anrufe kann direkt entgegengenommen werden, ein Teil geht auf Anrufbeantworter, da das Telefon natürlich nicht immer besetzt sein kann und wir rufen dann zurück. Bevor es Flatrates gab, war das u.a. ein kostspieliges Unterfangen.
Zuerst versucht man im Gespräch herauszufinden, wie die Gegebenheiten und die Einstellung des Interessenten für eine Pferdehaltung sind. Bei einem positiv verlaufenden Telefonat wird dann ein Termin bezüglich Platzbesichtigung vereinbart, wobei in der Regel je nach Ersteindruck auch ein zweites Mal ohne vorherige Anmeldung der Platz nachkontrolliert wird. Wenn auch hier die Kontrolle positiv verläuft, wird ein erneuter Termin bezüglich Abschluss des Schutzvertrages vereinbart.
In Zahlen sieht das Ganze dann so aus: 400 vermittelte Pferde a durchschnittlich 35 Anrufe machen 14.000 Anrufe, wobei noch zwecks Terminvereinbarung für eine Platzbesichtigung und weitere noch offenen Fragen bezüglich des zu vermittelnden Pferdes pro Pferd mindestens noch 2 Gespräche dazu zu rechnen sind, d.h. es kamen nochmal 800 Telefonate hinzu. Pro Telefonat rechnet man im Schnitt 8 Minuten. 14.800 Telefonate mal 8 sind 118 400 Minuten. 118 400 Minuten geteilt durch 60 Minuten sind 1973 Stunden. 1973 Stunden geteilt durch 10 (1 Arbeitstag gleich 10 Stunden Arbeitszeit) entsprechen ca. 197 Tagen.
Pro Tag sind maximal 2 Platzkontrollen möglich, d.h. eine Kontrolle ist z.B. in Altötting, die andere in Starnberg oder Regensburg. 400 Platzkontrollen geteilt durch 2 sind 200 Tage. 200 Tage Platzkontrolle plus 197 Tage Telefonate sind insgesamt 397 Tage reine Vermittlungstätigkeit.
Das sind pro Jahr 50 Tage ohne die übliche Vereinsarbeit mitgerechnet wie: Aktionen organisieren, Artikel schreiben, Recherchieren, Platzkontrollen der schon vermittelten Tiere, nochmalige Vermittlungen, Telefonate bezüglich der Rettungsaktionen mit Mithelfern, Behörden Tierärzten und Amtstierärzten, Besprechungen, etc., etc.,
Was die Fahrleistung anbelangt, so sind das pro Jahr rund 20 000 km. Das mal 8 Jahre macht ca. 160 000 gefahrene Km.
Aber dieser Zeitaufwand ist keine Besonderheit, das leisten viele andere bei ihren ehrenamtlichen Tätigkeiten auch, sogar stellenweise noch viel mehr. Und all dies neben Beruf und Familie. Besonders hervorheben möchte ich auch den Einsatz der Auffangstationen, ohne deren Engagement unsere Vermittlungsarbeit überhaupt nicht möglich ist. Diese Betreuungszeit der Tiere ist in der obigen Zeitrechnung noch nicht enthalten. Ohne die Auffangstationen, Tierärzte und all die aktiven Helferinnen und Helfer, die Lancelot e.V. seit 1994 ehrenamtlich unterstützt haben, hätte der Verein seine Arbeit niemals durchführen können. Danke an Euch ALLE !!!
Liesel + Esi – oder „Bestes Tier von Welt“
Letztes Jahr im August erhielt Alisa einen aufgeregten Anruf einer Dame aus dem Rosenheimer Landkreis. Es ging dabei um ein Shetty und einen Esel, die am nächsten Tag zum Schlachter sollten, obwohl beide völlig gesund, jung und fit waren.
Wie das leider so oft der Fall ist, waren die Beiden dem Besitzer lästig und er wollte sie schnellstmöglich loswerden. Da die Zwei seit 8 Jahren zusammen in einer Box lebten, sollten sie nicht getrennt werden. Der Besitzer versuchte einen Platz für beide gemeinsam zu finden. Als dies nicht klappte, kam für ihn nur der Schlachter in Frage. Besagte Anruferin war die Freundin einer Einstellerin in dem Stall und bemühte sich nun die Mädels anderweitig unterzubringen. Da das Ganze sehr schnell gehen musste und bei uns gerade noch eine Box frei war, überredete ich unseren Stallbesitzer den Beiden Asyl zu gewähren.
Natürlich war die Aufregung groß: Schließlich kommt nicht jeden Tag so ein Gespann in den Stall. Außerdem wussten wir nicht in welchem Zustand bzw. wie die Beiden „drauf“ waren. Der ursprüngliche Besitzer brachte sie selbst zu uns (muss man ihm positiv anrechnen). Wie sich beim Einzug herausstellte, waren nicht nur sämtliche Zweibeiner aufgeregt, sondern sämtliche Vierbeiner auf der Stallanlage gerieten ob des Anblicks eines Esels völlig aus dem Häuschen (mein eigener Wallach eingeschlossen).
Die Zwei nahmen’s gelassen (wahrscheinlich kannten sie bereits ihre Wirkung auf Pferde) und spazierten durch den Stall in ihr neues Zuhause als wären sie schon immer da gewesen. Die Aufregung unter den vierbeinigen Mitbewohnern (Pferde und Hunde, nur die Katzen blieben völlig „cool“) hielt noch eine ganze Weile an. Sie reichte von Neugier bis zu schierer Panik beim Anblick des Esels.
Mittlerweile sind die Pferde alle „Eselfest“ (und da wir zudem kürzlich umgezogen sind, arbeiten wir daran auch noch die Bewohner im neuen Stall Eselfest zu machen.)
Im Gegensatz zu sehr vielen Pferden, die bei Lancelot landen, waren Esi und Liesel in gutem Zustand. Nur die Hufpflege ließ zu wünschen übrig: Esi hatte extreme Strahlfäule an 3 Hufen (es war praktisch kein Strahl mehr vorhanden; das sollte mich auch noch die nächsten Monate beschäftigen). Mittlerweile steht sie aber wieder auf gesunden Füssen.
Ganz wichtig war das erste Iaah: Der ganze Stall wartete darauf. Nach ungefähr einer Woche war es soweit: Ganz unverschämt nahm ich den Wassereimer zum Auffüllen aus der Box und ging damit weg. Was dann folgte war sehr eindrucksvoll (und wird seitdem häufiger praktiziert): Zuerst ertönt ein leises Quietschen zum Einstimmen, dann steigern sich die Töne langsam zu einem geradezu jämmerlichen Singsang. Sollte man sich dann nicht schnellstmöglich in Bewegung setzen und Madame das Gewünschte bringen, endet es in einem wirklich sehr durchdringenden und weithin hörbaren iiiiiiaaaaah (mehrfach hintereinander, versteht sich).
Die beiden Mädels sollten ja nun auch vermittelt werden aber auch wir hatten dabei Probleme: Entweder wollten die Leute nur das Pony oder nur den Esel. Einige kamen nicht mal zum Anschauen (obwohl sie wirklich jede Reise wert sind!). Wie man sich denken kann, kam es wie es kommen musste: Ich wollte und konnte mich gar nicht mehr von ihnen trennen und „bewarb“ mich deshalb als neuer Besitzer bei Lancelot.
Das „Interieur“ der Beiden? Sie sind einfach nur klasse, zwei richtige Persönlichkeiten!! Liesel ist ein typisches Pony: Sie hat ihren eigenen Kopf und sehr genaue Vorstellungen von ihrem Tagesablauf: Fressen, fressen, fressen, dazwischen gerne mal ein Spaziergang und ein paar Galopprunden mit Esi, aber dann gleich wieder fressen. Sie ist gewitzt, frech und ganz schön schlau (z. B. ist sie am Anfang gerne mal aus der Koppel ausgebrochen, flitzte aber sofort wieder unter dem Zaun durch, sobald ich um die Ecke bog). Ganz „Ponylike“ hat sie im Sommer auch immer ein bisschen zuviel Speck drauf (es schmeckt aber auch das kleinste Hälmchen Gras zu gut). Sowohl Liesel als auch Esi sind absolut „cool“ in jeder Situation. Bisher hat sie nur ein von hinten heranrasendes, durchgehendes Pferd aus der Ruhe gebracht.
Ob Traktoren, Autos, Mähdrescher, Bagger, Kräne, Fasanen, Rehe, wild gewordene Hunde, Regenschirme, Flaggen, schießwütige Jäger, Kinderhorden, Plastikplanen, Kühe, eine rennende Schafherde, Lastwagen, die unmittelbar daneben ihre Ladung abkippen, Hängerfahren, Schmied etc. etc.—nichts kann die Mädels erschüttern. Beide sind unendlich freundlich. Ich habe sie noch nie schlecht gelaunt gesehen. Sie haben noch nie getreten, gebissen oder geschlagen. Sie sind immer gut drauf.
Auch Esi ist ein echter Glücksfall. Sie hat die eseltypischen Eigenschaften: Schlau, klug, eigenwillig („ich will mich hier jetzt wälzen, ich gehen keinen Schritt weiter, wenn ich mich nicht wälzen darf!“), mit einer geradezu stoischen Ruhe, manchmal laut und ebenfalls mit Fettpölsterchen kämpfend. Man schmilzt dahin wenn sie einen mit ihren großen Augen anschaut und die Nase ein bisschen kräuselt und dabei die Riesenohren spitzt (sie hat im neuen Stall mittlerweile auch alle Kritiker um den Finger gewickelt).
Mit den beiden Mädels fällt man auch entsprechend überall auf, mir völlig fremde Leute rufen schon von weitem „Hallo Esi, hallo Liesel“. Manchmal kann das aber auch unangenehm sein, wenn man z.B. gerade einigen Spaziergängern eine flammende Rede wider dem Vorurteil der Sturheit von Eseln gehalten hat und man dann weitergehen möchte, Esi jedoch mittlerweile beschlossen hat, dass es für heute genug Bewegung war und sie keinen Schritt mehr in die gewünschte Richtung macht. Man tritt dann hoch erhobenen Hauptes schnellstmöglich den Rückweg an.
Meistens ist es aber sehr lustig: Im Winter kam mir ein vermummter Jogger wild gestikulierend entgegen und rief ganz aufgeregt: „Oh, eins sag ich Dir: Bestes Tier von Welt, Esel ist bestes Tier von Welt.“ Er war völlig aus dem Häuschen und total begeistert. Es war ein ausländischer Mitbürger, der mir dann sagte: „Esel- bestes Tier von Welt, sie helfen den Menschen so viel auf der ganzen Welt- das ist bestes Tier von Welt. Ganz toll, ganz toll.“
Und was soll ich sagen: Recht hat er!
Christiane Huber (2. Vorsitzende)
(Fotos von Esi und Liesl siehe Fotogalerie)
Tashi – unsere talentierte Therapiestute
Wenn man sich vorstellt, dass diese Stute, obwohl sie schon als Fohlen Schlimmstes durch Menschen durchmachen musste, bevor sie durch die Rettungsaktion von Ingenried in unsere Hände kam, nun selbst Menschen hilft ihr eigenes Schicksal besser bewältigen zu können, dann ist das mehr als sehr berührend und sollte uns sehr nachdenklich stimmen…..
Hier ein Auszug aus einer E-mail vom September 2012 von Tashis „Frauchen“ Ruth:
„Ich stehe mit Tashi am Putzplatz und beobachte, wie ein ca. 8-jähriges Mädchen, eine Patientin im Klinikum Vogtareuth, zuerst mit ihrem Rollstuhl in den Heufutterplatz fährt und anschließend ihren Rolli in Richtung Putzplatz lenkt. Da das Kind eindeutig zu meiner Stute möchte, leite ich das Mädchen an, ganz langsam zu fahren und das Pferd anzusprechen. Tashi nimmt freundlich und neugierig Kontakt auf und beschnuppert Kind und Rollstuhl. Dann „knappert“ Tashi vorsichtig, sehr behutsam Heuhalme von Schoß und Kleidung. Das Mädchen lacht und streichelt Tashis Kopf. Der Gesichtsausdruck des Kindes läßt mich ein freudiges, inniges Erlebnis erahnen. Auch das ist Therapie. So hat auch mir mein Pferd völlig unerwartet ein sehr berührendes Erlebnis geschenkt. Ich bin jeden Tag dankbar dieser Stute ein Zuhause geben zu können. Tashi lebt in einer Elfköpfigen Herde in einem Offenstall. Sie wird von mir achtsam zu einem Therapiepferd ausgebildet und „lebt“ nun bei mir, seit sie von Lancelot e.V. an mich vermittelt wurde.“ www.reittherapie-chiemgau.de
Ganz links Tashi als Fohlen, daneben 6 Jahre später als geduldige Therapeutin für Menschenkinder…..